Das offene Herdfeuer
Der Beginn aller Heizung war das offene Feuer, das in der Mitte des Hauses auf dem Boden brannte, das offene Herdfeuer
(Bild 1). Die drei Aufgaben, die es erfüllte - Wärme, Leuchten, Kochen - ließen es auch im übertragenen Sinn zum Mittelpunkt des Hauses werden, sogar zu einem heiligen Ort, mit dem sich viel Glaube und Brauch in vielerlei Formen verbanden. Das offene Herdfeuer hatte für den Bauern auch praktische Vorteile, auf die er nicht verzichten mochte: Der Rauch durchzog beim schornsteinlosen Haus das Getreide im Dachraum und beheizte es, oder er trocknete Schinken und Würste im Rauchfang.
Bild 1: Offenes Herdfeuer im mittelalterlichen Bauernhaus
Das Kaminfeuer
Im Mittelalter begann man allmählich das mitten im Raum frei brennende Herdfeuer an die Mauer zu rücken und und einen Kaminabzug zu installieren (Bild
2). Aus dem Herd wurde so der Kamin, ein offenes wandständiges Feuer mit Schornstein. Der Kaminabzug war zunächst aus Holz, im späten Mittelalter aus Stein. Vereinzelte
Belege für den Kaminbau finden sich schon im 9. Jahrhundert in St. Gallen, im milderen Süde- und Westeuropa fanden Kaminanlagen im 10. und 12. Jahrhundert weitere Verbreitung, ebenso in den
reichen Städten Norditaliens im 13. Jahrhundert. In romanischer Zeit, zu Beginn des Burgenbaus, wurden auch in Deutschland vermehrt Kamine eingerichtet. Die Verbreitung dieser Heiztechnik blieb
aber bis ins 14. Jahrhundert auf Adelskreise und hohe Geistlichkeit beschränkt und Kamine waren nur in Burgen, Pfalzen, Klöstern und Abteien anzutreffen. Erst danach eroberte der Kamin auch die
Bürgerhäuser, konnte sich aber in MIttel- und Osteuropa als übliche Heizmethode nie durchsetzen, da dort der Kachelofen und später der gusseiserne Ofen bevorzugt wurde.
Kamin im 12. Jh. Kamin im 13. Jh. Kamin im 14. Jh
Bild 2: Kaminformen zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert (Zentral-Frankreich)
Quellen:
A.-L. Napoléone: L´Equipment domestique dans l´architecrure civile médiévale, S.A.M.F.
A. Faber: Entwicklungsstufen der häuslichen Heizung, München 1957
D. Seyer: Feuer-Herd-Ofen. Eine museumsdidaktische Unterrichtseinheit .... Münster 1985
Mit dem Verlegen des Feuers an die Mauer, also dem Schritt vom Herd zum Kamin, begann auch die Einbeziehung des Eisens in das Heizen,
denn die Mauer musste vor der Wirkung des direkten Feuers bewahrt werden, andernfalls hätten die Flammen bald die Mauersteine beschädigt. Eine eiserne Kaminplatte schützte
wirkungsvoll vor dieser Gefahr und strahlte zudem Wärme in den Raum zurück. Die metallurgischen Voraussetzungen zum Gießen eiserner Platten waren zwar seit dem beginnenden 15. Jahrhundert
erfüllt, jedoch standen zunächst militärische und keine zivilen Produkte im Vordergrund, Kaminplatten wurden erst ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gegossen. Die älteste bekannte
Kaminplatte in Deutschland - sie ist nicht mehr vorhanden - gab es auf der Burg Beilstein bei Dillenburg. Sie trug die Jahreszahl 1474, dazu eine Darstellung des nassauischen Löwen. Eine
Kaminplatte im Stadtmuseum Nancy zeigt das Wappen und Bildnis des provencialischen Grafen und Herzogs von Lothringen, René I. von Anjou, der von 1409 bis
1480 lebte. Nimmt man an, dass dieses Stück zu Lebzeiten des Herzogs gegossen wurde, so könnte es um 1450 entstanden sein.
Die Baumeister und Architekten orientierten sich bei der Konzeptionierung von Kaminen eher an künstlerischen und architektonischen Aspekten als an technischen. Als Teil der Raumarchitektur bot er der Oberschicht vielfältige Möglichkeiten der kunstvollen Gestaltung und vorallem in der Renaissance und dem Barock wurde der Kaminmantel prunkvoll dekoriert (Bilder 3 und 4). Bei der Gestaltung der Kaminplatten wurden in der Frühzeit ihrer Verwendung vor allem plakative heraldische Darstellungen bevorzugt. Sie dokumentierten die meist adelige Herkunft der Auftraggeber und Käufer.
Bild 3: Französische Kamine mit Kaminplatten am Ende des 16. Jahrhunderts
Bild 4: Französische Kamine mit Kaminplatten im 18. Jahrhundert
Der Kamin konnte die Feuerstelle nicht nur vor der Mauer haben, sondern auch in einer Mauernische, so dass außer der Rückwand auch die beiden Seitenflächen geschützt werden mussten (Bild 5). Auch hier wurden oft Eisenplatten eingesetzt.
Bild 5: Kamin mit verkleideten Seitenflächen, Lothringen, 17. Jh.
Die Takenheizung
Mit dem Aufkommen der gusseisernen Kaminplatten entstand in Westeuropa die Takenheizung, sie war wahrscheinlich die Erfindung der Feudalschicht der
mittleren Eifel. Sie ist die erste Form der Heizung, bei der in dem zu erwärmenden Raum selbst kein offenes Feuer brennt. Das Prinzip ist einfach: Das offene Feuer brennt in einem offenen Kamin,
der zur Rückseite hin eine Eisenplatte hat, die jedoch nicht die Mauer schützen soll, sondern einen Teil der Hitze an den Nachbarraum weitergibt. Mit Hilfe der Takenplatte wurde so ein zweiter
Raum beheizt, der allerdings nicht sehr groß sein durfte, da die Wirkung der Takenplatte eingeschränkt war. Dafür blieb dieses Zimmer frei von Rauch und Staub. Auf der Wohnstubenseite wurde oft
ein schrankähnliches Gefach, auch Takenschrank genannt, installiert, worin Kleider und Schuhe getrocknet oder Speisen angewärmt wurden. Allgemein wird die Erfindung der Takenheizung dem
ausgehenden 15. Jahrhundert zugerechnet. Die älteste datierte Takenplatte trägt die Jahreszahl 1488 und wird von dem Wappen der Stadt Zweibrücken geziert. Nachdem die Takenheizung zunächst nur in
Adelskreisen Verwendung fand, hielt sie als billige und sparsame Methode im 18. Jahrhundert verbreitet Einzug in die Häuser der Bauern und Kleinbürger.
Als Hauptverbreitungsgebiet der Takenheizung werden ausgehend von jenem Teil der Eifel, der zur Erzdiözese Trier gehörte, die Eifel, das Sauerland, der Hunsrück, das Saargebiet, Luxemburg, die Wallonie, Lothringen und der Schweizer Jura genannt.
Die Etymologie des Wortes Taken ist ungeklärt. Im französischen Sprachgebrauch ist die Bezeichnung "taque" für Eisenplatten üblich, ebenso wird im Trierer Raum, in Luxemburg, im Hochwald und im Saarland jede verzierte Eisengussplatte als Takenplatte bezeichnet. Vor dem 18. Jahrhundert wurden auch Kaminplatten "Ysentack" genannt. Unter französischem Einfluss sprach man im 18. Jahrhundert in Adelskreisen von "plaque de cheminée", Kaminplatte, um sich vom gemeinen Volk abzuheben. Heute noch werden im Trierer Land alte und kranke Leute "täklich" oder "takelig" genannt, da es üblich war, dass sich diese Personen vorzugsweise an diesem warmen Platz aufhalten durften.
Quellen:
G. Binz: Gusseiserne Öfen aus zwei Jahrhunderten, Mainz 1992
S. Theisen: Geheimnisvolle Takenplatten. Eisenkunsguss im Städtischen Museum Simeonstift Trier, Trier 1982
D. Seyer: Feuer-Herd-Ofen. Eine museumsdidaktische Unterrichtseinheit .... Münster 1985
F. Blümel: Deutsche Öfen. Der Kunstofen von 1480 bis 1910, München 1965
Quelle:
Musee de la Princerie: Les Taques de cheminees
Der Kastenofen
Es liegt nahe, in dem seit den 14. Jahrhundert bekannten Kachelöfen das Vorbild für den eisernen Kastenofen zu sehen. Einzelne frühe Öfen bestätigen dies durch ihre Gestaltung. Es ist davon auszugehen, dass mit der Fähigkeit Kamin-und Takenplatten gießen zu können, auch gusseiserne Öfen - d.h. aus gusseisernen Platten kastenförmig zusammengesetzte Öfen - hergestellt wurden. Motivation war, dass der Eisenofen im Vergleich zum Kachelofen leichter aufzustellen war, einfacher zu reinigen, platzsparender und schneller aufheizbar war. Nachteil war, dass er auch schneller abkühlte als der Kachelofen. Die ersten Öfen waren dem Kachelofen nachgebildete überdimensionierte Eisenöfen, die recht unpraktisch, aber dennoch in Schlössern und Rathäusern während des 16. Jahrhunderts - auch zu Repräsentationszwecken - den Kachelofen ersetzten (Bild 6).
Bild 6: Aufsatzofen in der Burg Trausnitz bei Landshut, 1529
Der kleinere Kastenofen wurde unverändert bis in das 19. Jahrhundert, im Elsaß sogar bis in das frühe 20. Jahrhundert hergestellt. Der Fünfplattenofen, auch als Hinterlader bezeichnet, war der verbreiteste dieser Öfen, da er gewissermaßen wie eine dreidimensional ausgedehnte Takenplatte, die Wirkung der letzteren deutlich übertraf, weil er seine Wärme über fünf Platten in den Raum abgeben konnte (Bild 7). Der frei im Raum stehende Sechsplattenofen hatte den großen Nachteil, dass er in dem Raum befeuert werden musste, den es zu beheizen galt, was kein rauch- und staubfreies Wohnen ermöglichte.
Bild 7: Aufsatzofen Eisenhütte Zinsweiler (Museé Alsancien Straßbourg)
Der Rund- und Säulenofen
Im Verlaufe des 18. Jahrhundert fand auch der Rundofen bzw. Säulenofen zunehmend Verbreitung (Bild 8). Zwar war seine Form neu, nicht aber die Heiztechnik, denn sie entsprach derjenigen des Kastenofens. Das Erhöhen der oft gewaltigen Säulenmonumente brachte eine Vergrößerung der Oberfläche, mit der die Hitze des Feuers besser genutzt werden konnte. Schon im 17.Jahrundert gab es Rundöfen, jedoch waren diese nicht gegossen, sondern genietet und sie dienten nicht als Stubenöfen.
Bild 8: Rundofen der Hütte St. Ingbert, Ende 18. Jh. Säulenofen, Neunkirchen 1747
Bildersammlung mittelalterlicher Kamine