Das erste Dokument, welches eine Sammlung auf der Halberger Hütte belegt, ist ein Sammlungskatalog aus dem Jahre 1912, welcher von A. Spiess (Fa. Spiess GmbH Saarbrücken) verfasst wurde.
1912 bestand die Sammlung demnach, abgesehen von einigen fremden Stücken, welche durch Schenkung oder durch Kauf erworben wurden, größtenteils aus Resten von Öfen
der Umgebung, die Geheimrat Rudolf Böcking seit 1875, als er die Leitung des Werkes übernahm, aus dem Alteisen heraussuchen ließ. Im damaligen ersten Katalog sind 155 Exponate
abgebildet. Der Geheime Kommerzienrat war ein begeisterter Freund und großer Sammler der alten Kamin- und Ofenplatten.
Die Halberger Sammlung gewann überregionale Bedeutung und genoss großes Ansehen. Der Halberger Dr. phil. Otto Johannsen (geb. 1882, gest. 1960) referierte am 9. Dezember 1911 auf der 16. Versammlung Deutscher Gießereifachleute über die Sammlung. Sein Vortrag: "Die technische Entwicklung der Herstellung gußeiserner Ofenplatten" wurde einige Monate später am 29. Februar 1912 in der Fachzeitschrift des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute: "Stahl und Eisen - Zeitschrift für das Deutsche Eisenhüttenwesen" veröffentlicht. Otto Johannsen war seit 1906 als Chemiker auf der Halberger Hütte beschäftigt. Rudolf Böcking war sein großer Lehrmeister, der sich jedoch bereits 1908 aus Gesundheitsgründen von der aktiven Arbeit zurückziehen musste. 1924 verfasste Johannsen dann im Auftrag des Verein Deutscher Eisenhüttenleute das Standardwerk: Geschichte des Eisens. 1939 verließ er das Werk.
Rudolf Böcking (geb. 1843, gest 1918) Geschichte des Eisens, Otto Johannsen, 1924
F. Kloevekorn: 200 JahreHalberger Hütte
1756 - 1956, Saarbrücken 1956
Kurz vor Ausbruch des Krieges im Jahre 1938 wurde ein zweiter Katalog verfasst. Der Sammlungsbestand war mit 155 Exponaten gegenüber dem im Jahre
1912 dokumentierten bis dahin unverändert, denn nachdem Dr. Böcking in Ruhestand ging, fanden durch ihn keine weiteren Zuführungen mehr statt,
Im zweiten Weltkrieg gingen leider 23 Gussplatten und zwei Plattenmodeln verloren. Denn eine aus dem Jahre 1958 stammende private einfache
Broschüre, die die Sammlung im Detail beschreibt, listet nur noch 130 Platten. Der Halberger Verfasser bleibt unbekannt. In der Broschüre werden Anmerkungen von Dr. Leich, Studienrat in
Berlin, aus dem Jahre 1936 aufgeführt.
Der seit 1953 amtierende Generaldirektor der Halberger Hütte, J.A. Varoquaux (geb. 1918, gest. 2017), war ebenfalls ein sehr interessierter Halberger, der die Entstehung des Buches "Kamin-/Taken- und Ofenplatten aus Saarländischen Werken", welches 1967 über den Verein Deutscher Eisenhüttenleute aufgelegt und vom Halberger Diplom-Ingenieur E. Schmitt (Landau) verfasst wurde, maßgeblich unterstützte. So stammen die meisten in diesem Schrifttum abgebildeten Gussplatten aus der Halberger Sammlung.
Bis dahin wurde die Sammlung nicht erweitert, wie ein Firmenkatalog aus diesem Jahre zeigt.
Im Jahre 1980 verfasste dann der Saarbrücker Lehrer, Dolmetscher und Numismatiker Erhard Dehnke (geb. 1916, gest. 1993) im Auftrag der
Halberger Hütte einen letzten Katalog der Sammlung. In diesem sind 186 Platten abgebildet, die gesamte Halberger Sammlung soll jedoch laut Dehnke "rund 200 Stück" enthalten. Er erwähnt, dass die
Kriegsverluste durch Neuerwerbungen ausgeglichen wurden.
Katalog und Erläuterungen 1912 Katalog 1938 Erläuterungen 1958 Katalog 1967 Katalog 1980
155 Platten 155 Platten 130 Platten 130 Platten 200 Platten
Quelle: Archiv Kremer, Dillingen/Saar
Der größte Teil der Gussplatten war bereits sehr früh im Verwaltungsgebäude des Werkes ausgestellt, heute Saarbrückerstraße 51, ein anderer Teil im ehemaligen Schlafhaus (erbaut 1913) und in der Villa Böcking.
Seit 1972 gehörte die Halbergerhütte zu 100 Prozent zum französischen Konzern Saint-Gobain, der 1988 seine Gießerei-Aktivitäten im
Automobilzulieferer-Bereich mit damals rund 2500 Beschäftigten dann in die eigenständige Halberg-Guss ausgliederte, welche 1992 an die französische Unternehmensgruppe Valois
veräußert wurde. 1988 bezog Saint-Gobain das Verwaltungsgebäude in der Saarbrückerstraße 51. Zu diesem Zeitpunkt hingen die Platten noch an den dortigen Wänden. Ab 1988 verliert sich die Spur der
Sammlung. Laut Saint-Gobain (Antwort auf Anfrage der Saarbrücker Zeitung in 2020) sollen damals mit der Übernahme des Gebäudes alle mit der Halberg-Guss zusammenhängenden Gegenstände auf
das Halberger Gelände gebracht worden sein. Gussplatten der Halberger seien nicht in ihrem Besitz. Auch die Villa Böcking ging an Saint-Gobain, die es fortan als Gästehaus nutzte, das Schlafhaus
diente als Kantine. Das Schlafhaus wurde ab 1993 bis 2016 an ein Lehrinstitut für Gesundheits- und Heilberufe vermietet und
dann 2016 für 2.5 Mio Euro verkauft.
Ehemaliges Verwaltungsgebäude der Halberger Halberger Gießer aus Bronze vor dem Gebäude
in der Saarbrückerstraße 51
Quelle: https://industrie.lu/halbergerhuette.html
1993 wurde eine Gießerei in Leipzig (Lage) von der Treuhandanstalt übernommen. In den Folgejahren expandierte Halberg-Guss durch Zukäufe im Ausland. So wurden 2007 je zwei Eisen- und Aluminiumgießereien in Südafrika erworben, die im Zuge der späteren Insolvenz wieder veräußert wurden. Am 1. September 2009 meldete die Halberg-Guss-Gruppe Insolvenz an.[3] Zu Beginn des Jahres 2011 waren bei Halberg-Guss in Deutschland rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt (1300 am Stammsitz in Saarbrücken-Brebach und 700 im Werk in Leipzig). Der Umsatz im Jahr 2010 betrug rund 300 Mio. Euro.
Im Mai 2011 wurde Halberg-Guss von der niederländischen Private-Equity-Gesellschaft HTP Investments übernommen und unter der Firmierung Neue Halberg-Guss GmbH (NHG)
weitergeführt. Damit verbunden waren finanzielle Zugeständnisse der Arbeitnehmer. Nach einem kurzen Intermezzo der Süddeutschen Beteiligungs GmbH wurde das Unternehmen im Januar 2018 an die
Prevent-Gruppe der bosnischen Unternehmerfamilie Hastor veräußert. Am 29. November 2018 wurden die Gießereien der NHG in Saarbrücken und Leipzig an ein Konsortium um One Square Advisors verkauft.
Die danach verbliebene Restgesellschaft firmierte in der Gesellschafterversammlung vom 17. Januar 2019 in ANHK GmbH um. Zwischenzeitig hat das Unternehmen in Gußwerke Saarbrücken GmbH, der
Zweigbetrieb in Leipzig in Gußwerke Leipzig GmbH umfirmiert.
Im Juli 2019 kündigte die Gußwerke Saarbrücken GmbH den Abbau von 200 der 1200 Arbeitsplätze infolge fehlender Aufträge an.[9] Nachdem bis Mitte September 2019 die Löhne des Monats August wie auch fällige Abfindungszahlungen an ausgeschiedene Mitarbeiter nicht gezahlt werden konnten, meldete das Unternehmen am 20. September 2019 Insolvenz in Eigenverwaltung an. Am 3. Juni 2020 wurde die endgültige Schließung des Werkes zum Monatsende bekannt gegeben.
Auch die Gusswerke Leipzig werden Ende September 2020 die Produktion endgültig einstellen.
DER EINSTIGE STOLZ DER HALBERGER, IHRE SAMMLUNG ALTER KAMIN- UND OFENPLATTEN, WO IST SIE?
Drei Gussplatten aus der Halberger Sammlung im Verwaltungsgebäude der Saint-Gobin, Saarbrücker Straße 51, Aufnahmen 2020
Bilder aus dem Jahre 1967, Katalog der Halberger Hütte
Somit ist klar, wo der Halberger Schatz geblieben ist !
Die Sammlung der Halberger Hütte im Jahre 1967: "Verschollen" ab 1988, Bilder aus dem Jahre 1967
Quelle: Bildarchiv Kremer, Dillingen/Saar
Einige der Halberger Platten, die im 2. Weltkrieg verloren gingen:
Quelle: Bildarchiv Kremer, Dillingen/Saar
Die alte Halberger Sammlung wurde als Vorlage für die Produktion von Neugüssen benutzt. Als "Modelle" für die Neugüsse wurden wohl in den 60er oder 70er Jahren
Abgüsse von den originalen Platten angefertigt. Diese wurden in Gitterboxen, die größeren auf vor diesen positionierten Paletten gelagert. Erkennbar sind diese gusseisernen "Modelle" auf den
folgenden Photos anhand der Nummerierung mit weißer Farbe auf der Rückseite, die mit der Nummerierung im Katalog von 1980 übereinstimmt. Diese gusseisernen
Modelle wurden bis in das Jahr 2020 als Vorlagen für weitere Abgüsse genutzt, die überregional große Verbreitung fanden.
"Modelle" für die Produktion von Neugüssen (auf der Rückseite mit der jeweiligen Katalognummer beschriftet) (Bilder KREMER 2020)
In den grünen Regalen liegen die aus den Modellen erzeugten Gussplatten (Neugüsse), die für den Verkauf zur Verfügung standen. Es wurde offensichtlich auf Lager
produziert.
Lager der zum Verkauf stehenden Neugüsse (Bilder KREMER 2020)
Nach Bestelleingang wurde die Platte (der Neuguss) aus dem Lager entnommen und fachmännisch lackiert.
Lackierplatz (Bilder KREMER 2020)
Karlheinz Leitges veröffentlichte 1973 einen Artikel in der Werkszeitschrift der Vereinigten Saar-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft, heute VSE, über die Gussplatten der Halberger.